Kennst du das auch: Der Drucker ist gerade ein Jahr in Betrieb und plötzlich klemmt die Mechanik. Der Geschirrspüler läuft noch keine zwei Jahre und schon rastet der Türverschluss nicht mehr ein. Vielleicht hast du dich auch schon über solche Mängel geärgert, die pünktlich gerade dann auftreten, wenn die Garantiefrist abgelaufen ist. Und manchem Konsumenten kommt der böse Verdacht, dass der Hersteller die Schwachstelle gezielt eingebaut hat.
In den vierziger Jahren arbeiteten Wissenschaftler des amerikanischen Chemiegiganten DuPont nachweislich daran, ein eigenes Produkt zu verschlechtern – weil es schlicht zu gut war. DuPonts Problem: Seine Chemiker hatten mit Nylon eine extrem robuste Faser entwickelt. DuPonts Nylonstrümpfe bekamen kaum noch Laufmaschen und hielten zu lange. Gut für die Damenwelt, ganz schlecht für den Umsatz. Also mussten die Chemiker tüfteln, wie sie die Faser, auf die sie doch so stolz waren, schlechter machen konnten. Sie veränderten tatsächlich die Rezeptur der Zusatzstoffe so, dass das UV-Licht der Sonne das Material leichter angriff und damit schneller Laufmaschen entstanden. Was DuPont damals betrieb, nennt man „geplante Obsoleszenz“. Die Strategie zielt darauf ab, bewusst Schwachstellen in Produkte einzubauen oder extra minderwertige Rohstoffe und Bauteile zu verwenden. Die Produkte sollen zu gegebener Zeit – möglichst nach Ablauf der Garantiefrist – kaputtgehen oder zumindest nicht mehr vollumfänglich genutzt werden können.
„Ein Artikel, der nicht verschleisst, ist eine Tragödie fürs Geschäft.“ Dieses offene und deutliche Statement stammt aus einem renommierten Werbemagazin von 1928. Getreu diesem Motto handelten etwa zur selben Zeit auch die Männer vom Phoebus-Kartell in Genf. Glühbirnenfabrikanten wie Osram, Philips und andere waren damals unglücklich damit, dass Glühbirnen 2500 Stunden lang brennen konnten.
Also definierte das Kartell ein Ziel: Glühbirnen sollten maximal 1000 Stunden brennen. Auch hier wurde in den Labors lange experimentiert und die Lebensdauer der Glühbirnen kontinuierlich gesenkt – bis zu Beginn der vierziger Jahre die Standardlebensdauer von 1000 Stunden erreicht war. Das Kartell flog jedoch 1942 auf, und 1953 verbot ein Gerichtsbeschluss den Herstellern, die Lebensdauer von Glühlampen zu beschränken. Seltsam ist nur, dass Glühlampen bis heute eine Brenndauer von 1000 Stunden beibehalten haben.
Und auch heute gilt noch: Ein Produkt, das nicht kaputtgeht, ist der Alptraum des Kapitalismus, denn es widerspricht der Logik des steten Umsatzwachstums. So erstaunt es nicht, dass auch heute noch diverse Fälle von geplanter Obsoleszenz ans Tageslicht kommen. Dazu gehört etwa ein Drucker von Epson, bei dem in einem Chip die Anzahl der maximalen Druckvorgänge gespeichert war – wurde dieser Wert erreicht, streikte der Drucker ohne ersichtlichen Grund. Die Reparatur wäre jeweils derart teuer gewesen, dass ein Neukauf günstiger kam. Auch dies gehört zum Prinzip der „geplanten Obsoleszenz“. Ein russischer Internetfreak entwickelte daraufhin eine einfache Software, die den Epson-Zähler auf null setzte – und die Drucker liefen wieder einwandfrei.
Ein jüngerer Fall betraf die ersten iPods von Apple, deren Akkus nach rund 18 Monaten den Geist aufgaben und nicht austauschbar waren. In den USA wurde daher 2003 eine Sammelklage eingereicht. Zu einem Urteil kam es nicht, da sich Apple mit den Klägern aussergerichtlich einigte und unter anderem einwilligte, einen Austauschservice für die Akkus einzurichten und die Garantiezeit auf zwei Jahre zu verlängern.
Und heute? Apples Akkus, etwa in den 3GS-iPhones, haben zwar eine längere Lebensdauer, sind aber nach wie vor so verbaut und verleimt, dass Laien sie kaum ausbauen und ersetzen können. Im Gegensatz zu vielen Smartphones der Konkurrenz, bei denen der Akku mit zwei Handgriffen gewechselt ist.
Und noch etwas für die Besitzer des wunderbaren Smartphones mit dem angebissenen Apfel. Zufällig kam fast zeitgleich mit dem neuen iphone ein Software-Update für alle älteren Geräte heraus. Das war schon beim letzten Generationenwechsel so. Und nachdem ich (und offensichtlich auch viele andere) dieses Update auf mein Gerät geladen hatten, konnte ich fast zuschauen, wie es langsamer wurde.
Also was tun? Nicht mehr die neuste Software auf dem Gerät haben oder sich langsam damit abfinden, wieder mal ein neues Handy zu kaufen?
Liebe Grüsse
Martin Aue