Heute soll vieles «auf Augenhöhe» sein. Stufen sind «out». Das könnte man jedenfalls meinen. Chefs sollen auf Augenhöhe führen. Agenturen sollen auf Augenhöhe mit ihren Kunden arbeiten. Auftragnehmer sollen auf Augenhöhe mit ihren Auftraggebern sein. Doch ist das (immer) der richtige Weg? Wie immer gibt es auch hier nicht nur schwarz oder weiss. Dass es ungesund ist, wenn Eltern von klein auf im Umgang mit ihren Kindern auf Autorität verzichten, ist wohl bei den meisten unbestritten. Wenn Lehrer, Polizisten und Richter geduzt werden, erschwert das ihre Arbeit. Auch mit dieser Aussage dürften viele einverstanden sein.
Damit wir uns richtig verstehen: Die Basis von Zusammenleben und Arbeiten sollte immer gegenseitiger Respekt sein. Zudem ist es im Umgang miteinander meistens sinnvoll, Distanz ab- und nicht aufzubauen. Und trotzdem ist «auf Augenhöhe» nicht immer vorteilhaft für alle – gerade im Business.
Ein Beispiel: Heute werden viele Unternehmen nicht nur von Einzelpersonen, sondern von einem Team gegründet oder übernommen. Eine Konstellation von zwei oder drei Chefs ist zwar zeitgemäss und kann Vorteile haben. Doch wie sollen in einem Teamverbund von mehreren Chefs zum Beispiel die Anteile (Aktien oder Firmenanteile) verteilt werden? Mit dem Ansatz «auf Augenhöhe» wären es gleiche Teile – also beispielsweise zwei Mal 50 % oder drei Mal ein Drittel. Etwas, was sich in meinen fast 20 Jahren Erfahrung in der Unternehmensberatung gezeigt hat, ist, dass dies auf Dauer nicht funktioniert. Auch wenn über lange Zeit gut zusammengearbeitet wird, kommt über kurz oder lang eine Situation, bei der sich die Beteiligten nicht einig sind. Es können dies wichtige Entscheidungen sein – oft geht es ums Geld. In solchen Situationen braucht jemand eine Mehrheit. Und das bist idealerweise du. Wenn du also jemals mit jemandem eine längere geschäftliche Beziehung eingehen willst, sorge für klare Verhältnisse. Und die sind niemals 50/50.
Unmissverständliche Grüsse
Martin Aue