Du sitzt in der Stadt in einem Kaffee und führst ein schönes Gespräch. Beziehungsweise du versuchst, ein Gespräch zu führen. Denn der Lärm von einigen Autos unterbricht dich dauernd. Das ist kein Beispiel, sondern oft die Realität. Ich habe lange in einer schönen Stadt im Berner Oberland doziert, samstags. Und an schönen Tagen haben sie dort ihre Runden gedreht: junge Leute – meistens Männer – in getunten Autos. Stundenlang hin und her. Besonders auffällig: Bei jedem Lastwechsel und Schaltvorgang gaben ihre Fahrzeuge laute Knallgeräusche von sich. Dieses Knallen kann beispielsweise bei Rallyefahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, bei welchen die Leistung maximal ausgereizt werden soll, nützlich sein. Bei Alltagsautos ist diese Motoreinstellung vollkommen sinnfrei – ausser, dass das Fahrzeug auffällt und der Lärm stört. Aber genau das kann ja das Ziel sein. Denn die «Knallfrösche», die sich ihre Autos so tunen lassen, wollen auffallen – und das um jeden Preis. Egal, ob positiv oder negativ.
Das war vor langer Zeit auch in der Werbung das Ziel: Hauptsache auffallen. Vielleicht erinnerst du dich noch an Werbekampagnen von Bennetton oder von IWC. Das sagt dir nichts? Bennetton ist beispielsweise aufgefallen mit Werbemotiven mit Aidskranken und ölverschmierten Enten. IWC wurde auch durch den Werbespruch «Fast so kompliziert wie eine Frau. Aber pünktlich.» bekannt(er). Bis heute haben es die meisten Werber gelernt (auch weil es die Gehirnforscher herausgefunden haben): Du solltest lieber unauffällig bleiben, als negativ aufzufallen.
Fazit im Marketing: Der Spruch «Auch negative Publizität wirkt» stimmt schon lange nicht mehr. Es gilt, gesehen zu werden und als vertrauenswürdig wahrgenommen zu werden – in einem positiven Sinn.
Fazit für Autobesitzer: Wenn das einzige, womit du auffallen kannst, dein zu lautes Auto ist, solltest du dir Hilfe bei einem Psychologen suchen.
«Normallaut» fahrende und sichtbare Grüsse
Martin Aue