Schon Henry Ford sagte: «Ich weiss, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiss nur nicht, welche Hälfte das ist.» Die Aussage vom Gründer des nach ihm benannten Autokonzerns hat bis heute nichts an Aktualität verloren. Viele Unternehmer und Marketingverantwortliche im KMU sind marketingmässig im Blindflug – mindestens teilweise. Aber eines ist auch sicher: Wer nicht wirbt, stirbt. Und was ist, wenn deine Unternehmung oder deine Produkte schon sehr bekannt sind? Kannst du dann aufhören zu werben? Lass mich dir hierzu eine kleine Geschichte erzählen: Während einer Flugreise wurde der amerikanische Kaugummi-König Philipp Wrigley von einem begleitenden Journalisten gefragt: «Sagen Sie, Herr Wrigley, warum stellen Sie eigentlich Ihre aufwändige Werbung nicht ein? Alle Welt kauft doch bereits Ihre Kaugummis und Sie könnten mit einem einzigen Schlag ein Vermögen einsparen!» Darauf Wrigley: «Wir haben schon seit geraumer Zeit unsere Flughöhe von 6000 Metern erreicht. Schlagen Sie wirklich vor, dass ich jetzt ins Cockpit gehe und den Piloten anweise, die Motoren abzuschalten, um Treibstoff zu sparen?» Die Frage ist also nicht, ob du Marketing brauchst – die Frage ist: welches. Bevor wir hier tiefer gehen, ist eine Abgrenzung sinnvoll.
Unterscheide was und wie
Wenn es um Massnahmen zur Kundengewinnung im Marketing geht, sind zwei Fragen entscheidend. Was tun wir? Da geht es konkret um die Auswahl der richtigen Massnahme. Und: Wie tun wir es? Hier geht es um die Ausgestaltung der ausgewählten Massnahmen mit Konzeption, Texten, Bildern, Optik. Für die Frage nach dem WIE gibt es viele gute Werbeagenturen, die sich mit Kreativität um eine ansprechende Optik, die richtige Technologie und um die Schnittstelle zu den entsprechenden Werbekanälen sowie Medien kümmern. Wer beantwortet aber die Frage nach dem WAS? Viele Unternehmer im KMU gehen davon aus, dass ihr Werber die Antwort auf die Frage nach der Auswahl der richtigen Massnahmen kennt. Oder sie orientieren sich daran, was ein erfolgreicher Mitbewerber macht – meist ohne alles zu sehen oder das Konzept dahinter zu verstehen. Selten tauscht man sich auch in Branchenorganisationen oder Erfahrungsgruppen über das Thema aus. Trotzdem oder gerade aufgrund dieser Vorgehensweise kommt selten ein wirklich griffiger Massnahmenplan dabei heraus. Warum? Wer sich darüber Gedanken macht, wie er mit möglichst wenig Aufwand Kunden generieren kann, bewegt sich auf einer konzeptionellen Ebene. Die Umsetzung kommt erst danach. Die richtige Vorgehensweise ist diese: Der Unternehmer – wie immer sind auch Frauen gemeint – stellt sicher, dass er die notwendige Flughöhe zur Erstellung eines griffigen Konzepts hat. Wer hier schwach auf der Brust ist, sollte sich weiterbilden oder sich einen guten Berater holen. Erst danach – wenn der Massnahmenplan im Groben steht – wird der Werber ins Boot geholt, indem er ein sauberes Briefing erhält, welches es umzusetzen gilt. Und was ist mit der Schaltung der entsprechenden Massnahme? Nehmen wir als einfaches Beispiel ein Inserat: Zuerst muss definiert werden, dass ein Inserat die richtige Massnahme zur Kundengewinnung ist. Das ist das WAS. Danach wird ein wirkungsvolles Inserat gestaltet: Das ist das WIE. Als Drittes muss entschieden werden, wo, also in welcher Zeitung oder in welcher Zeitschrift, wie gross und wie oft das Inserat geschaltet werden soll. Hier sind wir wieder beim WAS, also bei der Auswahl der richtigen Massnahme. Warum? Wenn du zu wenig Budget hast, eine Massnahme zu schalten, ist deren Auswahl sinnfrei. Und wie verteilst du deine vorhandenen Mittel auf was und wie? Ein alter Schlüssel zur Verteilung ist: 20% vor der Schaltung und 80% für die Schaltung. Bei unserem Beispiel mit dem Inserat und bei 10‘000.- Werbebudget würde das heissen: Setze maximal 2000.– ein, bis und damit das Inserat fertig wird, und mindestens 8000.–, um das fertige Inserat in der Zeitung zu schalten.
Die richtigen Massnahmen auswählen
Ist ein Inserat aber die richtige Massnahme, um möglichst einfach Kunden zu gewinnen? Ein guter Ansatz bei der Frage nach den richtigen Massnahmen ist der Quervergleich. Frage dich also nicht allein, ob das Inserat etwas bringt, sondern frage dich: Im Vergleich zu was? Um eines vorwegzunehmen: Ein einzelnes Inserat bringt wenig. Denn für ganz viele Massnahmen gilt immer noch der alte Werbegrundsatz: Einmal ist keinmal. Interessant wird es also, wenn du mehrere Massnahmen miteinander vergleichst. Wenn du beispielsweise mit Suchmaschinenwerbung auf Google für einen Klick 1.– bezahlst, könntest du für das gleiche Budget wie beim Inserat 8000 Klicks kaufen. Warum nicht 10 000 Klicks? Weil du auch hier für Aufschaltung, Texte, Betreuung der Kampagne maximal 20% des Budgets ausgibst. Und jetzt kannst du vergleichen: Was bringen mir 8000 zusätzliche Besucher auf der Webseite, die ich eingekauft habe? Merke ich etwas in Form von Anfragen und Bestellungen? Und was passiert, wenn ich das Inserat schalte? Merke ich etwas? Jetzt kannst du dich fragen: Wenn ich jede Massnahme einzeln testen muss – das noch unter dem Motto «einmal ist keinmal» – ist dieses Vorgehen nicht extrem aufwändig und teuer? Die Antwort ist: Doch, das ist es. Du kannst einige Massnahmen vorher ausschliessen. Wenn du beispielsweise überhaupt keinen Bezug zu sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Instagram und Co. hast, ist es sinnfrei, dort Werbung zu schalten. Und wenn deine potentiellen Kunden keine Zeitung lesen, würde ich es auch nicht mit dem besagten Inserat versuchen. Und wenn eine Massnahme wie beispielsweise ein Werbespot im TV erst ab einem Budget funktioniert, welches du nicht hast, kannst du auch diese Möglichkeit weglassen.
Werbung wenn möglich adressieren
Was ist mit den bestehenden Kontakten – wie beispielsweise Kunden, die schon einmal eine Anfrage gestellt oder etwas gekauft haben? Personen, mit welchen schon einmal ein Dialog bestand, haben in der Werbung immer höchste Priorität. Das hat mehrere Gründe. Erstens kommt hier das Thema Streuverlust ins Spiel. Um was geht es? Nehmen wir an, dass ein Werbetreibender in der grössten abonnierten Tageszeitung der Schweiz ein Inserat für eine Schweizer Luxusuhr schaltet. Wie stark stimmen seine Zielgruppe und die Leserschaft der Zeitung überein? Nehmen wir mal an, 10% der Leser sind auch potentielle Uhrenkunden. Bei dieser Gruppe sprechen Fachleute von Deckung, weil sich die Zielgruppen des Werbetreibenden und diejenige des Mediums decken. Und was ist mit den anderen 90 %? Das ist Streuverlust. Der zweite Faktor ist der Beziehungsaufbau. Selbst wenn ein potentieller Kunde nur an einer Publikumsmesse an einem Wettbewerb teilgenommen hat und deswegen persönlich adressiert werden kann, steht er dem Unternehmen näher als ein Wildfremder. Ein klassisches Beispiel hierzu sind Kunden, die beim Unternehmen schon eine Offerte eingeholt haben. Viele Anbieter meinen, dass sie diese Person nun nicht mehr zu kontaktieren brauchen, weil der Auftrag durch einen Mitbewerber ausgeführt wurde. Auch hier wieder: Der Kunde hat den Anbieter gesucht, gefunden und angefragt. Vielleicht ist er sogar schon in den Genuss einer Beratung gekommen. Schlussendlich hat er sich aber, aus welchem Grund auch immer, für einen anderen entschieden. Diese Person nun nicht mehr zu kontaktieren, ist unklug.
Der ideale Massnahmen-Verteiler
Es gibt keinen Schlüssel zur Verteilung von Werbebudgets in KMU, der für jeden passt. Aber es gibt eine Grundlage. Die Basis lautet: Mindestens 50%, lieber 70% des gesamten Werbebudgets adressiert und an bestehende Kontakte einsetzen. Maximal 50% des Budgets zielen auf neue Kontakte. 50% des Totalbudgets werden online eingesetzt und 50% herkömmlich, also offline. Das ergibt je einen Viertel in adressiert und offline – wie beispielsweise mit Postversänden, Kundenzeitungen, Eventeinladungen und so weiter. Mindestens ein weiteres Viertel sollte adressiert und online eingesetzt werden – beispielsweise für Newsletter oder Social Media Werbung. Maximal ein weiteres Viertel des Gesamtbudgets sollten in unadressierte Onlinewerbung fliessen. In diese Kategorie gehören beispielweise Suchmaschinenoptimierung und -Werbung. Das letzte Budgetviertel wird idealerweise für unadressierte Werbung ausserhalb des Internet geplant. In diese Kategorie (weitere siehe Grafik) gehören unter anderem Inserate und Postversände an unbekannte Empfänger.
Auf persönliche Kontakte abzielen
Um den grösseren Teil des Werbebudgets personalisiert einzusetzen, braucht es zuerst Kontakte. Diese logische Konsequenz erscheint beispielsweise bei einem Startup schwierig. Wer aber in der heutigen Zeit ein erfolgreicher Unternehmer ist oder sein will, hat bereits ein Netzwerk – beispielsweise auf seinen Social Media Accounts oder durch Mitgliederlisten von Organisationen. Es gilt nun, diese Kontakte in eine intelligente Datenbank einzupflegen. Von dort sollten die Personen, wenn möglich Kategorien zugeordnet, jederzeit abrufbar sein. Und noch ein anderer Punkt ist wichtig: Ein Ziel mit hoher Priorität bei allen unadressierten Massnahmen ist die Leadgenerierung. Was heisst das konkret? Es geht darum, aus unpersönlichen Kundenkontakten schnellstmöglich eine persönliche Beziehung aufzubauen. Und dafür muss der Kunde seine Identität bekanntgeben. Das macht er aber in der Regel nur, wenn er dafür motiviert wird. Wie soll das gehen? Wer zum ersten Mal einen Nespresso-Shop betritt hat die Erfahrung schon gemacht. Der Mitarbeiter erfragt den Kontakt sowie Vorlieben und eröffnet ein Kundenkonto. Bei Probefahrten mit einem Auto hinterlegt der potentielle Kunde zuerst seine Kontaktangaben. Zu Anlässen meldet sich der Besucher an. Und wer auf einer Webseite von den wirklich spannenden Informationen profitieren will, muss vorher Name und Mailadresse bekanntgeben.