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Vom hohen Ross herunterkommen

Ich bin ein Umweltsünder. Und das erst noch unfreiwillig – jedenfalls zu einem Teil. Dass ich die Umwelt mehr belaste, als ich es will, weiss ich, seit wir einen sympathischen Brief vom Autohersteller unseres Vertrauens beziehungsweise vom Importeur erhalten haben. Allerdings erging es auch rund 800’000 anderen gleich. Nicht nur für alle gleich sondern auch gleich schlecht war der Brief, welcher unpersönlich, oberflächlich und staubtrocken an alle Betroffenen geschickt wurde. Dass der Hersteller die Halteradressen beim Bundesamt für Strassen beziehen musste und dass dort offenbar weder ein Geschlechter- noch Sprachcode hinterlegt ist, macht die Sache nur minimal besser. Den Vogel abgeschossen hat aber ein Filialleiter der gleichen Firma mit folgendem spannenden Statement: „Ob es das allersauberste Auto ist, hat für die Kunden keine vorrangige Bedeutung.“ Und: „Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Art und Weise, wie das Mutterhaus reagiert und für klare Verhältnisse sorgen will, positive Auswirkungen hat.“

Drehen wir das Rad noch ein wenig zurück. Beim Kauf des Fahrzeuges hatte ich ein Auge auf ein Familienauto mit Elektroantrieb geworfen. Und bin dabei auf den Typ gestossen, der den gleichen Namen trägt wie ein Sport mit Schläger und kleinem weissen Ball. Und jetzt rate mal, wie weit dieses Auto nach Herstellerangaben – wenn diese denn ausnahmsweise stimmen – fahren soll. Es sind 70km – mit einer Person an Bord, ausserorts und nicht auf der Autobahn, sowie mit ausgeschalteter Klimaanlage. Und was darf der Spass kosten? Rund 40’000.-. Wenn man sich bewusst macht, dass andere Elektrofahrzeuge mehr als die fünffache Reichweite haben, darf man sich auch hierzu die Frage stellen: Wollen die mich eigentlich verar….?

Um was geht es mir in diesem Newsletter? Jeder macht mal Fehler – auch mal grössere. Wenn du aber einen kapitalen Bock geschossen hast, empfiehlt es sich vom hohen Ross herunterzusteigen. Der Abgasskandal könnte den genannten grossen Autobauer seine Tochterfirmen mit Busse, Schadenersatzklagen und Reparaturarbeiten laut Experten bis zu 56 Milliarden Euro kosten. Das wäre mehr als BP für die Transocean-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zahlten. Ob das der Konzern überlebt, ist offen. Und was ist, wenn du in die Pfanne gehauen worden bist und selber gar nicht im Unrecht bist? Ich vermute stark, dass dies hier der Fall ist und dass es sich vielmehr um ein Branchen- als um ein Problem eines Unternehmens handelt. Aber dann erst recht: Runter vom hohen Marktleader-Ross, hinstehen, transparent sowie freundlich informieren und Verantwortung übernehmen.

Umweltfreundliche Grüsse
Martin Aue

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