Warum solltest du Kunden selber gewinnen, wenn du sie einfach von anderen «bekommen» kannst? Wie das funktioniert?
Fachärzte, Physios, Masseure und andere Therapeuten zum Beispiel «erhalten» ihre Kunden (also Patienten) von Hausärzten. Handwerker, wie Maler, Elektriker, Holzbauer, Dachdecker «erhalten» ihre Aufträge von Architekten, Planern und Versicherungen. Webdesigner und Grafiker «erhalten» ihre Aufträge von Agenturen. Das sind nur ein paar Beispiele für Zuweiser-Strategien. Das heisst, die Auftragsempfänger leben von Zuweisern, die ihnen Kunden bringen. Das hat viele Vorteile: Du musst dich nicht gross um Sichtbarkeit und Werbung kümmern und brauchst keinen aktiven Verkauf. Wenn jemand anderes für dich die Kundengewinnung übernimmt, fällt für dich viel Aufwand weg.
Haben Zuweiser-Strategien auch Nachteile? Ja. Fangen wir beim letzten Punkt an: Kundengewinnung ist mehr als nur Aufwand. Sich mit Kunden auszutauschen, ihre Bedürfnisse zu spüren, sie zu beraten und sie zu einem Kauf zu bewegen, ist toll. Es ist meines Erachtens nach sogar der Kern eines jeden Unternehmens. Dieser Punkt fällt bei Zuweiser-Strategien jedoch weg. Ein weiterer Nachteil: Es gibt faire Zuweiser – und andere. Fair ist, wenn transparent gearbeitet wird. Du weisst genau, warum du die Aufträge erhältst und warum nicht. Du weisst auch, wer sonst noch Kunden weitergeleitet bekommt. Auch kennst du die Konditionen, wie die Zuweisungen vergütet werden – beispielsweise mit einem Rabatt auf den Auftrag, einer Pauschale oder einer Rückvergütung. Du kannst also frei entscheiden, ob du die Zusammenarbeit willst oder nicht. Wenn du aber mehr und mehr unter Druck gesetzt wirst indem du immer mehr mit den Preisen runtergehen musst, wird es unangenehm. Oder du musst plötzlich «unter der Hand» etwas für die Kunden erledigen oder Aufträge bezahlen. Das ist nicht o.k. – aber gang und gäbe. Als Aussenstehender könnte man sich jetzt fragen, wo das Problem liegt – schliesslich kannst du ja die Zusammenarbeit jederzeit beenden, oder? Viele Unternehmen können das nicht. Warum nicht? Weil sie in eine Abhängigkeit geraten sind. Sie sind beispielsweise durch die Zuweiser-Aufträge gewachsen und brauchen nun die Aufträge, um Infrastruktur und Team auszulasten. Oder es fehlt schlicht an Rahmenbedingungen, Manpower und Knowhow, um selber Kunden zu gewinnen. Und plötzlich findest du dich immer wieder in Ausschreibungen und Abgebotsrunden wieder, obwohl du das gar nicht mehr möchtest.
Wie sieht es mit deinem Personal aus? Hast du Mitarbeiter, die du schon lange gekündigt hättest, wenn Alternativen vorhanden wären? Oder stellen Bewerber auf eine freie Stelle unanständige Forderungen?
Falls eine der oben angesprochenen Situationen auf dich zutrifft, dann ist es an der Zeit, wieder unabhängig zu werden. Denn ich bin mir sicher, dass du nicht Unternehmer oder Führungsperson geworden bist, um anderen ausgeliefert und erpressbar zu sein.
Unabhängige Grüsse
Martin Aue