Stell dir diese Situation vor: Ein vierjähriges Kind spricht schlecht. Das Mädchen leidet unter Sprech- und Sprachentwicklungsstörungen. Um diese zu behandeln, bringt sie ihre Mutter einmal pro Woche in die Therapie zu einer Logopädin. Im Warteraum spricht die Mutter aber kein Wort mit ihrem Kind, sondern beschäftigt sich mit ihrem Smartphone. Nur ab und zu zischt sie ihre Tochter an mit: «Psst, sei ruhig.» Ich erlebe solche und ähnliche Situationen regelmässig eins zu eins mit – meine Büroräumlichkeiten sind Tür an Tür an einer Logopädiepraxis. Manchmal zerreisst es mir fast das Herz, wenn ich Kinder erlebe, die förmlich darum betteln, dass sich die Eltern mit ihnen beschäftigen. Was könnte eine mögliche Lösung sein, wenn dein Kind schlecht spricht – es aber unbedingt mit dir kommunizieren möchte? Höre ihm zu, spricht mit ihm – und vor allem: Gib dich mit ihm ab. Worauf will ich hinaus? Logopädie, also Diagnose und Behandlung von Störungen der Stimme, des Sprechens und der Sprache, wird vom Kanton bezahlt. Müssten die Eltern die Therapie selbst finanzieren oder sich selbst an den Kosten beteiligen, wäre die Motivation, etwas zum Erfolg beizutragen, sicher grösser. Ähnlich ist es bei vielen Behandlungen, die durch die Krankenkasse bezahlt werden. Sobald die Patienten (auch) selbst etwas unternehmen oder verändern müssten, könnte es helfen, wenn sie die Therapiestunden auch finanziell spüren würden.
Nehmen wir also an, du kannst ein wichtiges Problem in deinem (Geschäfts-) Leben nicht lösen. Von einem guten Bekannten hast du aber kürzlich erfahren, dass es ein Seminar genau zu diesem Thema gibt. Der Referent soll eine Koryphäe auf dem Gebiet sein – offenbar der einzige, der Lösungen zu diesem Thema anbietet. Der Haken an der Sache: Sein Seminar ist in London und schweineteuer. Nehmen wir an, du beschliesst, das Seminar trotzdem zu besuchen. Du kaufst dir ein Ticket, buchst Flüge und Hotel. Nehmen wir an, für das Seminarticket verzichtest du für längere Zeit auf Ferien und verkaufst sogar dein teures Lieblingsmöbelstück. Wie gross ist deine Motivation, dich optimal auf das Seminar vorzubereiten, mit maximaler Aufmerksamkeit teilzunehmen, möglichst viele Notizen zu machen und alles Gelernte umzusetzen? Gross, oder? Das ist der Grund, warum ich selbst seit jeher darauf verzichte, geförderte Unternehmensberatungen anzubieten. Dies sogar, obwohl es beispielsweise für StartUps Formate gibt, welche dort Behörden oder andere Organisationen bezahlt werden – obwohl mir StartUps, also Jungunternehmen, wirklich am Herzen liegen.
Im Kern geht es im Geschäftsleben darum, etwas zu bewegen, zu verändern oder zu bewirken. Wenn du im Dienstleistungsbereich arbeitest, insbesondere in Empathie-Berufen, etwa als Berater, Coach, Therapeut und so weiter, tust du gut daran, dir deine Arbeit von deinen Kunden bezahlen zu lassen. So werden sie viel mehr von dir und deiner Arbeit profitieren – und du wirst mehr Resultate erzielen.
Unterstützende Grüsse
Martin Aue