Ein junger und aufstrebender Geschäftsführer eines KMU ist bis über beide Ohren verliebt – und das schon seit Jahren. Vor einiger Zeit hat er sich sogar mit seiner Herzdame verlobt. Schon bald werden die Hochzeitsglocken läuten – glaubt er jedenfalls. Eines Tages läuft irgendetwas schief, sie ist furchtbar enttäuscht von ihm und verlässt ihn. Und er, tieftraurig wie er ist, schüttet sein Herz seinen Freunden aus – auf Facebook. Er spricht davon, was für ein Arschloch er sei, wie es sich nicht mehr lohne zu leben und bettelt sogar bei seiner Verflossenen um eine zweite Chance. Um sich abzulenken, klickt er noch auf Postings mit unanständigen Bildern. Er erhofft sich wohl, auf noch eindeutigeren Inhalt zu treffen und übersieht hierbei, dass er Spuren auf seiner eigenen Pinwand hinterlässt, weil er versehentlich auf teilen geklickt hat.
Oder hier ist das Statement eines Unternehmers mit einigen hundert Freunden auf Facebook: Wenn Du NOCH mit Hans Muster befreundet bist, musst Du folgendes wissen: Er ist ein Lügner. Er schuldet mir eine Freundschaft und 6000.00.
Und eine andere Unternehmerin teilt und verfasst ein politisch eindeutiges Posting nach dem anderen – wie zum Beispiel dieses: Dafür, dass wir im tollsten Land der Welt leben, leben ganz schön viele Leute in totaler Armut. Währenddessen lassen sich Flüchtlinge in Markenklamotten auf ihren Smartphones die Wege zu unseren Ämtern zeigen. Aus der Schweiz wird Asylantenhausen – dank SP und Grünen. Stoppt die Zuwanderung.
Klar handelt es sich gegebenenfalls um Handlungen in speziellen Situationen oder im Affekt. Und möglicherweise sind es auch die persönlichen Meinungen dieser Personen. Aber überleg dir doch mal folgendes: Was denkt sich eine Person, die den Kontext deiner Veröffentlichungen in den sozialen Medien nicht kennt. Was ist mit den Leuten, die nicht wissen, wie du es meinst? Bei den drei Geschichten könnte man auch folgendes interpretieren:
Mit Person A werde ich mit Sicherheit niemals eine Geschäftsbeziehung eingehen, weil ich nicht wissen kann, ob er sich morgen umbringt. Und wenn er sich schon selber als der letzte Mensch betitelt, wird wohl etwas dran sein.
Mit Person B gebe ich mich wohl besser nicht ab. Wer weiss: Wenn wir uns einmal nicht einig werden, könnte er mich auch öffentlich in die Pfanne hauen.
Und im Restaurant von Person C gehe ich wohl lieber nicht ein und aus. Was ist, wenn plötzlich ein Bild von mir in einem einschlägig bekannten Lokal auftaucht.
Klar sollte das Motto „Leben und leben lassen“ sein – auch in den neuen Medien. Aber wir alle machen uns ein Bild von Menschen. Und ab und zu lohnt es sich, wenn wir uns Gedanken machen. Willst du wirklich so von den Menschen gesehen werden, wie deine Pinwand aussieht?
Herzliche Grüsse
Martin Aue