Kopf runter und rennen. Das ist die Übersetzung für die nicht-schweizer Leser des Erfolgsbriefes, welchen der Betreff Spanisch vorkam. Es handelt sich hierbei um ein bekanntes Zitat der ehemalige Schweizer Mittel- und Langstreckenläuferin Anita Weyermann. Und es ist leider allzu oft das Motto bei Unternehmern und Managern. Dass man mal für einige Stunden, Tage oder Wochen die Zähne zusammenbeissen und „seckle“ muss, ist normal – für jedermann. Wer aber über Jahre hinweg nur die Pedalposition vollgas kennt und nie innehält, lebt gefährlich.
Jetzt denkst du dir vielleicht: „Das ist gerade der richtige, der das sagt.“ Ich gebe zu, vielmals auch schnell im Leben unterwegs zu sein, aber das gelingt mir nur durch regelmässiges und bewusstes Innehalten.
Meditationsseminare, eine Pilgerreise, Visions-Workshops und jeden Tag eine Stunde am frühen Morgen für mich sind nur einige der Massnahmen, die ich zu diesem Zweck in meine Lebensplanung integrierte. Und die nächste Auszeit von zwei Monaten steht schon im November dieses Jahres auf dem Programm. Warum erzähle ich dir das alles?
Aktuell wird in der Schweiz viel über die Überforderung bei Unternehmern und Managern gesprochen. Das ist vielleicht das einzig Gute, das mehrere tragische Vorfälle ausgelöst haben. Eigentlich sollte man meinen, dass sich die Gesellschaft so weit geändert hat, dass es keine Fälle von vereinsamten Führungspersonen mehr geben sollte. Mit einer jungen und neue Generation, die geschäftlich am Ruder ist, sollte es keine Leader mehr geben, die sich mit niemandem mehr unterhalten können und daran zerbrechen.
Aber es gibt sie (noch). Man müsste meinen, heute gibt es für alle möglichen und unmöglichen Probleme und Krankheiten eine Therapie, ein Medikament oder irgendeinen Profi. Weisst du was? Es stimmt, für die meisten geschäftlichen und privaten Probleme von Unternehmern und Führungspersonen gibt es tatsächlich Lösungen. Das Problem ist, dass niemand darüber spricht.
Mit Unternehmen, Manager und niemand meine ich hier mal ausnahmsweise primär Männer. Vor allem unter meinen Geschlechtsgenossen, ist es immer noch verbreitet, Probleme totzuschweigen. Ein Beispiel gefällig? In einer Polizeieinheit gibt es die Möglichkeit, sich nach psychisch belastenden Einsätzen, Unterstützung von einem Profi zu holen. Doch je höher die Position der Mitarbeiter ist, desto weniger nehmen das Angebot in Anspruch. Es ist aber nicht so, dass diese Personen nur noch im Büro sitzen würden. Sie sind sich einfach bewusst (oder meinen, sich bewusst zu sein) dass sie sich ihre Aufstiegschancen im Job zunichte machen, wenn sie Schwäche zeigen. Wobei:
Ist es schwach, sich Hilfe zu holen, um über ein Problem zu sprechen? Ist es schwach, zuzugeben, dass man selber in einer Situation nicht mehr weiterkommt? Nein!
Ich erlebe es in meinen Alltag als Coach für Unternehmer und Führungspersonen in KMU viel zu oft, dass Menschen schon so stark im roten Bereich sind, dass es schon gefährlich ist. Aber sie holen sich keine Hilfe. Manager in KMU müssen heute Multitalente sein. Sie sind Führungsperson, Marketer, Finanzprofi, Beschaffer, Verkäufer und zudem noch Fachspezialist. Oder sie meinen, alles sein zu müssen und keine Schwächen haben zu dürfen. Niemand ist perfekt, jeder trägt seinen Rucksack und kann die einen Dinge besser und andere weniger gut.
Alles gleichzeitig kann niemand richtig. Aus diesem Grund kann ich auch nicht in allen Unternehmer-Themen Unterstützung anbieten und ich will es auch nicht. Ich will in diesem Newsletter auch nicht auf die eigene Mühle reden. Das Tempo in der Business-Welt nimmt stetig zu, wahrscheinlich waren die Menschen im Geschäft noch nie so vielen schnellen Veränderungen ausgesetzt wie heute. Es gibt also nur eine Möglichkeit, dass sich solche tragischen Vorfälle, wie sie in letzter Zeit geschehen sind nicht mehren:
Hinsehen, zu sich selbst und zu anderen. Wenn du am Anschlag bist, hole dir Unterstützung. Und wenn du vermutest, dass es dein Arbeitskollege, Freund, Chef, CEO es nicht mehr im Griff hat – unternimm etwas.
Herzliche Grüsse
Martin Aue