Letzten Samstag um 07.30 Uhr vor einer Filiale des grössten Schweizer Detailhändlers der Schweiz. Bereits eine halbe Stunde vor Ladenöffnung bildet sich eine lange Schlange – nicht vor dem Eingang, sondern auf der Strasse, vor dem Parkplatz. Noch mehr Menschen warten vor der Türe auf Einlass. Auffällig: Geschätzte 80 Prozent der Wartenden sind im Rentenalter, viele sogar geschätzt über 70 Jahre alt. Was ist das Problem daran? Ältere Menschen gehören zur Risikozielgruppe des Virus COVID-19. Bei ihnen verläuft die Krankheit öfter schwer oder sogar tödlich. Jüngere und gesundheitliche fitte Menschen werden zwar statistisch gleich oft krank, genesen aber nahezu alle ohne grössere Probleme. Worauf will ich hinaus?
Der Bund reagiert meiner Meinung nach sehr gut auf die Epidemie: Es wird täglich informiert und es werden abgestufte Massnahmen ergriffen. Das primäre Ziel der Massnahmen: Das Gesundheitssystem vor Überlastung und somit die Kernzielgruppe, nämlich ältere und Menschen mit Vorerkrankungen, zu schützen. Dafür müssen sich viele andere Menschen einschränken – und das ist auch gut so. Es tut uns gut, wieder einmal Rücksichtnahme zu lernen: Rücksicht auf andere, Rücksicht auf Ältere und Schwächere. Aber diese Einschränkungen haben drastische Auswirkungen. Viele kleine Selbstständige und kleine Firmen haben bereits jetzt grosse Probleme: Einige Beispiele sind die ganze Messe- und Veranstaltungsbranche, Hotellerie und Gastronomie und viele weitere Unternehmen mit Endkundenkontakt – und noch mehr Branchen werden in nächster Zeit Probleme bekommen. Wenn dann erst die Ausgangssperre verhängt wird, werden es nochmals mehr sein.
Jetzt kannst du sagen: Die haben ja über all die Jahre so schöne Gewinne geschrieben – die werden es überleben. Aber das stimmt so nicht.
Ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen überlebt mit voll weiterlaufenden Fixkosten, wie Miete und Löhne etcetera im Schnitt zwei bis drei Monate ohne Kunden und ohne Umsatz. Die Aussage bezieht sich auf ein durchschnittliches, solid aufgestelltes kleines oder mittleres Unternehmen. Bedenke: Über 99 % aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU, also marktwirtschaftliche Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten.
Ich habe in der letzten Woche persönlich mit vielen Unternehmern gesprochen, die zwischen 5 und 50 Mitarbeiter beschäftigen. Nicht wenige von ihnen sagen: «Ich weiss nicht, ob es mich – also meine Firma – in zwei Monaten noch gibt.» Klar hilft aktuell der Staat, wo er kann. Und auch das tut er nach meinem Erachten gut. Der Schlüssel, wie gross der Corona-Schaden für uns alle sein wird, hängt jedoch von etwas anderem ab – und mit «Schaden» meine ich viele Konkurse und viele Arbeitnehmer ohne Job: Primär sollten die Menschen, die mit all diesen einschneidenden Massnahmen eigentlich geschützt werden sollten, endlich auf die Weisungen des Bundes hören: Bleibt zuhause, lasst einkaufen, isoliert euch und bringt euch nicht in Gefahr. Und zweitens, liebe Kunden: Unterstützt die lokalen KMU (und nicht die grossen Online-Shops)! Gebt Aufträge raus, lasst euch Ware liefern, kauft Gutscheine, nützt alternative Angebote.
Hoffende Grüsse
Martin Aue